Kanaren NEWS (La Palma-La Gomera-El Hierro)

Dienstag, 13. Mai 2014

Mein Recht (Dein Recht) auf einer Kreuzfahrt

Reiserecht:

Die große Freiheit auf den Weltmeeren erleben.
Früher lauschte man gerne den Geschichten und so manchen Kalauern der Seeleute und Matrosen. Die wenigsten Menschen hatten selbst eine Kreuzfahrt oder eine Atlantiküberquerung erlebt. Es war ein besonderes Privileg für nur Wenige, zeitaufwendig und vor allem sehr teuer (Foto: Hark Schröder - Blick von La Gomera zum Teide nachTeneriffa).
Die luxuriöse Queen Elizabeth, die MS Hamburg, Gorch Fock, die Deutschland und die alten Geschichten um die Titanic waren einem Landmenschen weit ab vom nächsten Meer höchstens bekannt. Erst durch die Fernsehserie "Das Traumschiff" und den Wandel im Tourismus wurde auch eine Kreuzfahrt für den "Normalbürger" interessant und bezahlbar.

Es wurden mehr Schiffe gebaut, die Cruises wurden immer größer, nicht mehr so feudal ausgestattet, die Kabinen kleiner und der "Dinner" mit Selbstbedienung dem "Massentouristen" angepasst. Eine Kreuzfahrt wurde nun auch für den Normalverdiener erschwinglich. Von mehren Zigtausend Dollar oder damals D-Mark sind heute bereits Kreuzfahrten für 600.- Euro inklusive Transfer, Flug und Vollpension zu haben. Alles durchorganisiert und wie gewünscht im Allinklusive- Pauschalpaket.

Damit fingen jetzt aber ganz neue Probleme an. Mit der Zunahme von Kreuzfahrtgästen gab es auch mehr zwischenmenschliche Konflikte.

Das habe ich gebucht und bezahlt, das ist mein Recht und darauf bestehe ich. In meiner Kabine ist es zu laut, der Nachbar raucht auf seinem Balkon oder das Salatdressing ist zu sauer. Dinge die einfach auftreten, wenn viele Menschen aufeinander treffen. Spannungen die längst aus dem Land - Massentourismus bekannt waren.

Unbeschwert kann man vielleicht noch auf einer kleinen Jolle oder auf seiner eigenen Yacht über die Meere schippern (Foto: Waschtag im Hafen von La Palma).


Kann keine gütliche Einigung erreicht werden, wird die staatliche Instanz - das Gericht angerufen. Schließlich sind wir ja Rechtsschutz versichert. Damit Sie mich nicht falsch verstehen - Recht muss natürlich Recht bleiben. Nur gibt es viele kleine Dinge, die sich bei etwas gutem Willen auch so regeln lassen. Die Hemmschwelle für den "Prozesshansel" ist nicht mehr sehr hoch. Damit bekommen Gerichte Arbeit und Anwälte ihr Einkommen. In den letzten Jahren gab es in Sachen "Kreuzfahrt" viele neue Urteile. Einige habe ich dazu einmal heraus gesucht:


Kreuzfahrt durch "meterdickes Packeis"

- so die Ankündigung des Veranstalters. Tatsächlich gab es aber keine einzige Eisscholle zu sehen. Die globale Erwärmung sei schuld.
Wenn bei Antarktis-Kreuzfahrten wichtige Teile der Tour ausfallen und versprochene Höhepunkte nicht zu sehen sind bzw. überhaupt nicht angesteuert werden, gibt es Schadenersatz.
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln Aktenzeichen 16 U 82/07 - sprach dem Passagier 10 % des Reisepreises als Erstattungsanspruch zu.

 

Ehestreit als Hinderungsgrund

Ein Ehemann buchte im August zusammen mit seiner Ehefrau eine Kreuzfahrt für ca. 9000,- Euro, für die er gleichzeitig eine Reiserücktrittskostenversicherung abschloss.
An Weihnachten kam es zu einem heftigen Ehestreit. Die Ehefrau wollte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen.
Der Mann verfiel in eine starke Depression und stornierte daraufhin im Januar unter Vorlage eines ärztlichen Attests die Reise.
Schlaflosigkeit, Angstgefühle und niedergedrückte Stimmung sind objektiv keine schwere Erkrankung. Die Reiserücktrittskostenversicherung muss nicht zahlen - Amtsgericht München Aktenzeichen: 181 C 15698/00.

 

Hafen nicht Angelaufen

In den Geschäftsbedingungen kann ein Reiseveranstalter wirksam vorsehen, dass unter Umständen einige Häfen nicht angelaufen werden. Bei Kreuzfahrten obliegt es häufig dem Kapitän, meist wetterbedingte Änderungen des Routenverlauf vorzunehmen.
Häfen können dann in anderer Reihenfolge oder überhaupt nicht angesteuert werden. Wir erleben es alle Jahre auf den Kanaren wieder, dass aufgrund von hohem Seegang, Sturm oder bei starker Unterströmung  das Einlaufen in bestimmte Häfen zu gefährlich für Passagier und Schiff ist. Der Anlandeversuch wird abgebrochen und ein anderes Ziel angesteuert.
Minderungsansprüche können in diesem Falle nicht geltend gemacht werden (Landgericht Bremen Aktenzeichen 1 O 1335/01).

Wenn das Schiff ständig schaukelt

Ein Kreuzfahrtveranstalter hat keinen Einfluss auf das Wetter. Ein Schiff bewegt sich normal auf Wasser - oft auf dem weiten Meer. Naturbedingt ist es dem Seegang ausgesetzt.
Wer als Kreuzfahrt-Urlauber an einer Kreuzfahrt teilnimmt, muss damit rechnen, dass das Schiff ständig schaukelt. Eine Reisepreisminderung kommt daher nicht in Betracht (Amtsgericht München Aktenzeichen 274 C 234427/00).

Unzumutbare Geräuschbelästigung

Kommt es wegen defekter Stabilisatoren auch nachts zu einer unzumutbaren Geräuschbelästigung und ist an Schlafen nicht zu denken, rechtfertigt dies eine Reisepreisminderung von 50 Prozent je Reisetag und eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Reisezeit von täglich 36 Euro (AG Frankfurt/Main AZ: 30 C 1259/05

Verletzungen bei Sturm

Verletzt sich ein Passagier - im vorliegenden Fall bei Windstärke Sieben, liegt kein Kündigungsgrund des Reisevertrages vor.
Die Besatzung hatte wiederholt über Lautsprecher darauf hingewiesen, sich jetzt gut festzuhalten. Der Kläger - ein älterer Herr hielt sich wahrscheinlich nur am Vorhang fest und stürzte.

Den Veranstalter von Kreuzfahrtreisen kann hier keine Schuld treffen. Die Verletzung ist unter "Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos" einzustufen - Landgericht Bremen (AZ: 7 O 124/03) und OLG Bremen 3 U 139/96.

Mit Whisky-Flaschen an Bord

Geht ein Passagier mit zwei angebrochenen Whisky-Flaschen an Bord, kann er gegen die Hausordnung verstoßen. Das Sicherheitspersonal an der Eingangskontrolle hat ihm deshalb in Oslo beide Flaschen versiegelt und wollte sie bis zum Ende der Reise verwahren.
Nimmt er diese Flaschen gegen den Willen des Sicherheitspersonal wieder in seinen Besitz, kann er nicht des Schiffes verwiesen werden.
Der Kläger machte Ansprüche wegen der zusätzlichen Heimreisekosten geltend. Das Gericht gab ihm recht, da das Verhalten des Reisenden keine Auswirkungen auf Schiff, Besatzung und Passagiere hatte.

Keine deutsche Reiseleitung

Wird im Katalog eine deutschsprachige Reiseleitung zugesichert, so gilt das nicht nur für Landausflüge, sondern auch an Bord.
Dies ist ein Reisemangel und wurde mit einer Minderung von 5 % auf den Reisepreis vom LG Frankfurt - Az: 2/24 S 377/01 entschieden.

Klimaanlage mit Tücken

Bei einer 33-tägigen Schiffskreuzfahrt durch tropische und subtropische Seegebiete schwankte wiederholt die Kabinen- Temperatur  zwischen 20,5 und 23°C.
Diese "unbehagliche Atmosphäre" rechtfertigt bei einem Gesamtreisepreis von 25.000 € allenfalls eine Minderung von 1.500 € - so das Gericht.
Diese kleinen Schwankungen können schon beim kurzzeitigen Türöffnen durch hereinströmende warme oder kalte Luft entstehen.

Bord-Pool ohne Wasser

Wenn ein Bade-Pool auf einer gehobenen Kreuzfahrt für fast 6.000 Euro auch an Tagen mit ruhiger See nicht mit Wasser befüllt wird, kann der Reisepreis gemindert werden.
Für jeden Tag billigte das AG München - Az: 274 C 23427/00 - eine anteilige Minderung von 5 % zu.

Das "Zwangs" Trinkgeld

Wird eine Kreuzfahrt mit "599.- pro Person *" mit diesem berühmten Sternchen beworben, darf dahinter nicht ein Zwangs Service Entgelt verborgen sein.
Für jede "beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht" muss ein Entgelt in Höhe von 7 € (Zwangs-Trinkgeld) entrichtet werden. Dies ist unlautere Werbung und wegen des fehlenden Endpreis unzulässig - KG, 12.2.2013 - Az: 5 W 11/13



... und so gibt es täglich neue Urteile im Kreuzfahrt-Recht. Alles ist geregelt oder muss geregelt werden. Es scheint eine ausgesprochene deutsche "Tugend" zu sein.
In südlichen Ländern, wie etwa hier auf den Kanaren ist das lange nicht so ausgeprägt. Bei ungerechter Behandlung oder einem Mangel wird zwar auch lautstark protestiert. Man einigt sich aber schnell und geht mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen wieder zufrieden auseinander.

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